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Moorheiligtum Hostel





1. Teil - Ein Moorheiligtum aus römischer Zeit bei Hostel, Kreis Schleiden, Bonner Jahrbücher 1940 Heft 145, Seite 343-347, Kersten

2. Teil - Das Moorheiligtum bei Hostel, aus: Kapellengemeinde Hostel 2000 von Anton Könen Mechernich, Seite 30-33

3. Teil - Vor- und frühgeschichtliche Funde in unserer Heimat, aus dem Jahresbericht des Bonner Landesmuseums für 1938, Artikelauszug im Euskirchener Volksblatt Nr. 80 vom 4. April 1941






Ein Moorheiligtum aus römischer Zeit bei Hostel, Kreis Schleiden





Die südöstliche Grenze der Gemarkung Hostel (Abb. 71) wird von dem in nordöstlicher Richtung laufenden Krebsbach gebildet, dessen träge dahinfließendes Wasser den Talgrund auf über 100 m Breite vermoort hat. Das mit Strauchwerk und hohem Schilf bestandene Gelände blieb unberührt, bis im Jahre 1938 durch Dränagearbeiten das Land entwässert und schließlich der Boden urbar gemacht wurde. Bei dieser Arbeit stieß der Pflug auf Steine, die mitten im Moorboden auf kleinen hügelartigen Haufen lagen. Bei einer auf Meldung des Bürgermeisteramtes erfolgten Besichtigung wurden auf dem größten dieser Haufen die Bruchstücke zweier Inschriftsteine aufgelesen, dazu zusammengetragenes Steinmaterial, Ziegelbruchstücke und einige Scherben.


Abb. 71 Umgebungskarte des römischen Heiligtums in Hostel mit Römerstraße.
Maßstab 1:12.500





Der etwa 420 m nordwestlich der Kirche Roggendorf gelegene Haufen war der größte einer Gruppe von im ganzen fünf ähnlichen, die ohne erkennbare Ordnung ziemlich dicht beieinander im Moor lagen. Obwohl das neugewonnene Feld bereits bestellt war, konnte dank der verständnisvollen Unterstützung des Bürgermeisteramtes Eicks und des Bauern Wolfgarten, Hostel, - wenigstens noch der größte Haufen untersucht werden. Die kleine Grabung wurde von cand. phil. H. Löffler geleitet, dem Vorarbeiter P. Krämer half. Das Bürgermeisteramt Eicks stellte zwei Arbeiter zur Verfügung.

Ergänzungsfoto Karmantan.de (Google-Earth) Lage des Moorheiligtums


Da ähnliche Haufen mit römischem Bauschutt innerhalb eines Moores bisher nirgends angetroffen worden waren, blieb das Ergebnis der Ausgrabung zunächst ganz offen. Die Meinungen schwankten zwischen Grabhügel, Bauschutt und Lesesteinhaufen. Bei oberflächlicher Betrachtung schien der kleine 8 m im Durchmesser haltende, 0,60 m hohe Hügel aus losem Bauschutt zu bestehen. Auch ein von unbefugter Seite gehacktes Loch reichte nur durch das lockere Steingeröll. Mangels aller Anhaltspunkte wurde der Haufen deshalb in der bewährten Quadrantenmethode untersucht, die eine Flächenuntersuchung bei gleichzeitiger Beobachtung eines Kreuzprofiles, das ungefähr nach den Himmelsrichtungen ausgerichtet wurde, erlaubt.

Hostel - Tafel 69


Der Befund: Die Arbeit begann im Südwestquadranten (siehe Plan Taf. 69, AMD). In 0,20 bis 0,30 m Tiefe lag im äußeren Teil Dachziegelschutt unmittelbar auf der Mooroberfläche. Im höheren Teil, also nach der angenommenen Mitte zu, blieb nach Entfernung der ohne Verband liegenden oberen Steinschicht eine festgepackte Steinlage übrig, deren Rand etwa einen Viertelbogen um die angenommene Hügelmitte bildete. Behauene und unbehauene Sandsteine, dazu wenige Feldsteine waren benutzt worden.

Im Nordostquadranten (BMC) (Taf. 70, 2) genügte die Fortnahme einer dünnen lockeren Oberflächenschicht, um den alten festen Kern freizulegen. Im mittleren und höchsten Teil trat eine feste Packung aus Sand- und Feldsteinen zutage, die geradlinig in nordsüdlicher Richtung begrenzt wurde. Sie reichte bis 0,30 m höher als die umgebende lockere Steinschicht, der nach außen schließlich noch ein Gürtel feinen Ziegelschuttes sich anschloß.

Im Südostquadranten (BMD) ließ sich die feste Steinpackung weiter verfolgen, während die umgebende lockere Steinschicht fast ganz fehlte. Ebenso setzte nach Süden die Ziegelschuttlage aus.



Abb. Taf. 70,2. Nordosthälfte des Podiums im Heiligtum in Hostel von Osten gesehen

Im Nordwestquadranten (CMA) wurde die westliche Begrenzung der festen Steinpackung gefunden. Sie verläuft parallel zur Ostkante, dicht an der Nordsüdachse. Die umgebende lose Steinschüttung reicht hier fast über die ganze freigelegte Fläche.

Nach Abheben der lockeren Oberflächenschicht kam also eine rechteckige Steinpackung von 5 m Länge und 1,40 m Breite zum Vorschein, die ganz unregelmäßig von einer lockeren Steinschüttung umgeben war. An der Nordostseite dieser Steinschüttung wurde außerdem viel Ziegelschutt beobachtet. Beim weiteren Abbau ergab sich, daß die lockere Steinschüttung und der Ziegelschutt flach auf dem ebenen Moorboden aufliegen.

Innerhalb der mittleren rechteckigen Packung aber reichten die Steine unweit des Süd- und Nordendes je noch ziemlich tief in die Moorerde. In der Mitte blieb ein höherer ebenerdiger Teil liegen, der unter einer losen Steinlage fast reinen Sand enthielt.

Das Profil C-D (Taf. 70, 1) zeigt den Befund sehr klar: zwei feste, 0,25 m in die Moorerde eingetiefte Steinpackungen, dazwischen ebenerdig feiner Sand auf 1,40 m Breite, bedeckt von losem Steinschutt. Nach dem Profil A-B reicht der Sand nach Osten ein wenig über den Rand der festen Steinpackung hinaus. Seine westliche Begrenzung konnte wegen einer Störung dagegen nicht sicher beobachtet werden.



Abb. Taf. 70,1. Profil C-D im römischen Heiligtum zu Hostel

An der Grabungsstelle
Blick über das Moor Richtung Norden

Blick über das Moor Richtung Osten

Blick über das Moor Richtung Süden

Schilfbewuchs November 2007



Daß es sich hier um keinen Abfallhaufen handelt, dürfte damit schon klar liegen. Für den Bau der Anlage lassen sich ebenfalls noch einige Anhaltspunkte gewinnen. Die Mooroberfläche unterscheidet sich unter dem Steinhaufen in keiner Weise von der des heutigen Moores ringsum. Es darf demnach angenommen werden, daß vor Baubeginn hier ebenso nässeliebendes Schilf wuchs wie vor wenigen Jahren, als das Gelände noch nicht entwässert war. Man hatte also das Bauwerk auf das nasse Moor gesetzt. Die Steinschüttung mag dazu gedient haben, eine trockene Standfläche zu schaffen.

Es ist zu erwarten, daß aufgehendes Mauerwerk durch sein Gewicht das Fundament in das weichgrundige Moor hineingedrückt hat. Mauerwerk darf also nur da angenommen werden, wo das Fundament tief in das Moor hineinreicht. Das ist der Fall an den Schmalseiten der langgestreckten Steinpackung. Da der weiche Baugrund ein hohes Bauwerk gewiß nicht zuließ, dürfen hier zwei niedere Sockel angenommen werden. Als Baustein wurde vorwiegend Buntsandstein verwendet, der auf der Oberfläche massenhaft herumlag. Nach dem Grundriß und vor allem dem Profil A-B können zwei niedere, vorwiegend aus behauenem Buntsandstein gebaute Sockel von etwa 0,80 x 0,80 m Grundfläche in 1,40 m Abstand voneinander rekonstruiert werden, zwischen denen eine 0,20 m über die Mooroberfläche reichende Standplatte aus Sand aufgeschüttet ist, die an den Längsseiten von Steinen eingefaßt zu sein scheint. Viel mehr kann zu dem Bauwerk nicht gehört haben. Der reichliche Ziegelschutt läßt vielleicht auf eine Bedachung schließen, die auf Holzpfosten ruhte. In den Moorschichten wurden jedoch die Pfosten oder Standspuren von solchen nicht gefunden.

Die Funde: A. Steine: In der Oberflächenschicht wurden einige Bruchstücke bearbeiteter Steine gefunden

1. Zwei Bruchstücke einer halblebensgroßen Statue ( ? ) aus rötlichem Buntsandstein, kurze Stücke der torbekleideten Wade, die einzigen Reste des Bildwerkes (Inv. 38, 1090a, b).

2. Oberteil eines rechteckigen kleinen Altars (Taf. 71, 3) aus rotem Buntsandstein. Erhalten ist die Gesimsleiste, darüber ein kleiner verzierter Giebel mit Voluten, oben in der Mitte Tellerehen. Rückseite und Schmalseiten, soweit erhalten, glatt. Auf der Vorderseite ist die zweite Hälfte einer ersten Inschriftzeile erhalten LANO, darunter die oberen unleserlichen Ansätze der letzten Buchstaben der zweiten Zeile (Inv. 38, 1091).

3. Zwei Bruchstücke eines kleinen rechteckigen Altars (Taf. 71, 2) aus gelbweißem sehr weichem Buntsandstein (Inv. 38, 1092)


Abb. 3. Altarbruchstück von Hostel. Maßstab 1:3

a) Bruchstück mit Gesimsleiste und einem Teil der obersten Inschriftzeile, zu lesen ist SET

b) Bruchstück mit Gesimsleiste und glattem oberem Abschluß des Steines.

Von der Inschrift ist die zweite Hälfte der obersten Zeile erhalten. Zu lesen ist AIANO.


Abb. 2. Altarbruchstück von Hostel, Maßstab 1:3

Beide Stücke gehören nach der Steinart, nach der Dicke des Bruches und nach dem Profil der Gesimsleiste, schließlich nach der Schriftart zu einem Altar. Leider machen die stark verwaschenen Bruchflächen das Aneinanderpassen unmöglich. Einige Beobachtungen geben immerhin Anhaltspunkte für die Lesung der ersten Zeile. Die Endung IANO kehrt bei beiden in Resten erhaltenen Altärchen des Fundplatzes wieder. Es liegt nahe, sie einer Gottheit zuzuteilen. Die Breite des Steines 2 ist mit 24,6 cm gegeben. Die Hälfte der Inschrift liegt demnach hier etwa 1 cm vor dein I in IANO. Überträgt man das auf den anderen Altar (Stein 3), so erhält man eine Breite von etwa 28 cm für die ganze Inschrift. Es bleibt dann für den Vorderteil der Inschrift außer dem erhaltenen SET des Bruchstückes a) kaum noch viel Platz. Nach den Bruchflächen zu schließen, gehört mindestens ein Buchstabe zwischen die Textstücke. Nach einem allerdings nicht ganz sicheren Rest von b) kann man ein V annehmen. Es käme dann SETVAIANO heraus. Freilich wäre auch dann schon der Stein mindestens 30 cm breit. Diese Berechnung wird aber in Frage gestellt durch einen kleinen Rest eines Buchstabens vor dem IANO des ersten Altärchens, wo deutlich der obere Abschluß einer freien Haste zu lesen ist. Dieser Rest kann niemals zu einem A gehören, sondern nur zu H, I oder N. Beide Inschriftsteine müssen demnach zwei verschiedene Schreibungen tragen.

4. Rechtes unteres Bruchstück eines Altars, Vorderseite glatt, an rechter Schmalseite Fußleiste (Inv. 38, 1093).

5. Roher braunroter Buntsandstein in Form einer längshalbierten Trommel (Taf. 71, 1), stark abgewittert, darin vier teilweise tief eingepickte Schälchen von 4 cm Durchmesser und 2-4 cm Tiefe, also ein Schalenstein (Inv. 38, 1094).

6. Sehr gut erhaltener runder Mahlstein aus hellgelbem Buntsandstein, auf der gewölbten Seite radial scharriert, Rückseite roh ohne jede Benutzungsspuren, gefunden in dem Steinfundament des Sockels, Durchmesser 0,40 m (Inv. 38, 1095).


Abb 1. Schalenstein v. Hostel, Maßstab etwa 1:3

(Abb 1,2 und 3 = Tafel 70)

B. Münzen: In der Oberflächenschicht oder auf der losen Steinschüttung wurden gefunden (Inv. 38, 1096-1099): 1. As des Vespasianus (M. S. 494, 4; Brit. raus. cat. 810). - 2. As des Domitianus. Rs.: MONETA AVGVSTI (M. S. 395; Brit. mus. cat. 449-450). - 3. As des Hadrianus. Rs.: LIBERALITAS AVG VI (Brit. mus. cat. 1524; (M. S. 817).

Im Südostquadranten unmittelbar auf dem Moorboden unter der Steinschüttung : 4. As des Marcus Aurelius (M. S. 1234).

C. Bronze: Kreisrunde defekte Blechscheibe, Durchmesser S cm, mit konzentrischen I-Creisen verziert; auf der glatten Rückseite Lötspuren und Abdrücke organischer Reste (Holz ?), vielleicht Teile einer Spiegelkapsel (Inv. 38, 1100).

D. Glas: 1. Bruchstück eines tordierten Stabes mit Stempelende aus blaugrünem Naturglas (Salbenreiber). Erhaltene Länge 12 cm. - 2. Kleine Gefäßscherbe aus wasserhellem Naturglas (Inv. 38, 1102).

E. Eisen: Hufeisen (Inv. 38, 1101).

F. Keramik (Inv. 38, 1103-1107): Einige Terrasigillaten, Teller und Tassen des 2. und 3. Jahrhunderts, sowie zahlreiche Gebrauchsware, die weit ins 4. Jahrhundert reicht.

Ausdeutung: Das kleine, zwischen Hostel und Roggendorf gelegene Krebsbachtal war also schon in römischer Zeit vermoort. Hier wurde im 2. Jahrhundert das kleine Heiligtum einer bisher unbekannten Gottheit errichtet, indem man auf ein Podest im Abstand von 1,40 m zwei niedere Sockel baute, die kleine Altäre und mindestens eine halblebensgroße Statue trugen. Der ungewöhnlich gute Erhaltungszustand der Oberseite des einen Altars macht auch die Bedachung des Heiligtums wahrscheinlich.

Etwa 100 m nordöstlich der Grabungsstelle liegt auf einer Zunge, die von drei Seiten von Moor umgeben ist, eine Menge römischen Bauschuttes herum. Wahrscheinlich lag hier die zu dem Heiligtum gehörige Siedlung. Die Nordeifel ist reich an römerzeitlichen Heiligtümern. Vom Bonner Landesmuseum wurde der Tempelbezirk der Matronae Vacallinehae bei Pesch, Gemeinde Nöthen, Kreis Schleiden (Bonn. Jahrb. 125, 1919, 74ff.), bei Nettersheim, Kreis Schleiden, der Tempel der Matronae Aufaniae (Bonn. Jahrb. 119, 1910, 301ff.) untersucht. Das Moorheiligtum von Hostel liegt etwa 7 km nordnordwestlich von Pesch und 9 km nördlich von Nettersheim. Der Häufung von Heiligtümern entsprechend ist dieser schon recht unwirtliche Teil der Nordeifel überraschend reich an römerzeitlichen Funden, von Gräbern und Siedlungen. Etwa 350 m westlich des Moorheiligtums läuft auch ein römischer Straßenzug vorbei (Abb. 71). Er nimmt seinen Ausgang in Zülpich und läßt sich im Meßtischblatt noch mühelos in geradliniger Führung in südsüdwestlicher Richtung verfolgen. Unweit nördlich des Heiligtums ist er im Commerner Busch stellenweise in voller Breite mit Wall und Graben erhalten. Ebenso hat man südlich von Hostel in einer Ziegelei bei Weißenbrunnen die Besteinung der Straße angetroffen (J. Hagen, Römerstraßen der Rheinprovinz 2 132). Vor der Umlegung war ihr Verlauf auch in der Gemarkung Hostel in einem deutlich geböschten Feldweg, dessen Kies auch heute noch in den Feldern zu bemerken ist, erhalten (im Meßtischblatt Mechernich, Ausgabe von 1895, noch eingezeichnet). Nach J. Hagen a. a. O. verbindet unsere Straße Zülpich mit einer Querstraße Harzheim-Urft.

Der Aufmerksamkeit der örtlichen Stelle wird somit die Entdeckung eines neuen Typs römerzeitlicher Heiligtümer im Rheinland verdankt. Es ist dies ein um so glücklicherer Zufall, als erfahrungsgemäß ähnlich primitiv ausgestattete Fundstellen viel eher unbeachtet bleiben als reichere Plätze. Das Moorheiligtum wird durch seine Funde ins 2. Jahrhundert datiert. Seine Benutzung reicht wie die von Pesch weit ins 4. Jahrhundert. Von da ab wird Schilf um den Platz gewachsen sein, bis in neuester Zeit das Moor trockengelegt und der Boden urbar gemacht wurde. In diesem Zusammenhange verdient der Schalenstein erhöhte Beachtung. Es besteht kaum ein Zweifel, daß er ebenfalls in die spätrömische Zeit gehört. Denn selbst das wohl späterer Zeit angehörige Hufeisen kann kaum als Anzeichen dafür gelten, daß dieser im Moor gelegene Platz nach Aufgabe des Heiligtums noch vom Menschen aufgesucht wurde. Es kann ebenso vom Rand des Moores dahin geworfen sein. Auch in der Umgebung des Fundplatzes fehlen Spuren einer kontinuierlichen Besiedlung für die Folgezeit. Fränkische Funde treten erst im Tal bei Mechernich auf. Sie sind hier oben auf den kalten tonigen Verwitterungsböden auch nicht zu erwarten. - Verbleib der Funde Landesmus. (Inv. 38, 1090-1103).

(Kersten.)



Quelle: Bonner Jahrbücher des Rheinischen Landsmuseums in Bon und der Gesellschaft der Freunde und Förderer des Rheinischen Landesmuseums in Bonn (Vorm. Verein von Altertumsfreunden im Rheinlande von 1841), Heft 145, Mit 79 Tafeln und 106 Abbildungen im Text, Darmstadt 1940, Seite 343-347.
Archiv: Sophie Lange Nettersheim





Das Moorheiligtum bei Hostel
von Anton Könen



Im Laufe der Jahrhunderte hatte das Wasser des Krebsbaches den an der südöstlichen Grenze der Gemarkung Hostel liegende Talgrund auf über 100 m Breite vermoort. Im Jahre 1938 wurde bei Dränagearbeiten das Land entwässert und urbar gemacht. Bei dieser Arbeit stieß der Pflug auf Steine, die mitten im Moorboden auf kleinen hügelartigen Haufen lagen. Auf dem größten dieser Haufen wurden Bruchstücke zweier Inschriftsteine entdeckt, dazu zusammengetragenes Steinmaterial, Ziegelbruchstücke und einige Scherben. Dieser Haufen gehörte zu einer Gruppe von fünf ähnlichen, die ohne erkennbare Ordnung ziemlich dicht beieinander lagen. Obwohl das urbar gemachte Land bereits bestellt war, konnte dank der Unterstützung des Bürgermeisteramtes Eicks und des Landwirts Wolfgarten, Hostel, noch der größere Haufen untersucht werden. Das Bürgermeisteramt Eicks stellte zwei Arbeiter zu Verfügung.

Da ähnliche Haufen mit römischen Bauschutt innerhalb eines Moores bis dahin nirgends entdeckt wurden, blieb das Ergebnis der Ausgrabung zunächst offen. Die Meinungen schwankten zwischen Grabhügel, Bauschutt und Lesesteinhaufen. Mit zunehmender Grabung wurde den Beteiligten klar, daß es sich hier um keinen Abfallhaufen handelte. Für den Bau der Anlage ließen sich weitere Anhaltspunkte gewinnen. Die Mooroberfläche unterschied sich unter dem Steinhaufen in keiner Weise von der des Moores ringsum. Es konnte demnach angenommen werden, daß vor Baubeginn der Anlage dort ebenso nässeliebendes Schilf wuchs wie vor den Dränagearbeiten, als das Gelände noch nicht entwässert war. Man hatte also das Bauwerk auf das nasse Moor gesetzt. Die Steinschüttung mag dazu gedient haben, eine trockene Strandfläche zu schaffen.




Umgebungskarte des römischen Heiligtums in Hostel mit Römerstraße. Maßstab 1:12500.

Da der weiche Baugrund ein hohes Bauwerk nicht zuließ, dürfen hier zwei niedere Sockel angenommen werden. Als Baustein wurde überwiegend Buntsandstein verwendet. Nach der Rekonstruktion hatten die Sockel einen Grundriß von 80 x 80 cm und standen 1,40 m auseinander.

Die Funde: In der Oberflächenschicht Bruchstücke von bearbeiteten Steinen.

1. Zwei Bruchstücke einer unbekleideten Wade aus rötlichem Buntsandstein, die Reise eines Bildwerks(?)

2. Oberteil eines rechteckigen Altars aus rotem Buntsandstein. Erhalten ist die Gesimsleiste, darüber ein kleiner Giebel mit schneckenförmiger Verzierung, oben in der Mitte Tellerchen.

Auf der Vorderseite ist die zweite Hälfte einer ersten Inschriftzeile erhalten IANO, darunter die obere unleserlichen Ansätze der letzten Buchstaben der zweiten Zeile.


3. Zwei Bruchstücke eines kleinen rechteckigen Altars aus gelbweißen sehr weichen Buntsandstein.
a) Bruchstück mit Gesimsleiste und einen Teil der obersten Inschriftzeile, zu lesen ist SET.
b) Bruchstück mit Gesimsleiste und glattem oberen Abschluß des Steines. Von der Inschrift ist die zweite Häfte der obersten Zeile erhalten. Zu lesen ist IANO.
Beide Stücke gehören nach Steinart und Schriftart zu einem Altar. Die Wissenschaftler teilen sie einer Gottheit zu.

4. Rechtes unteres Bruchstück eines Altars, Vorderseite glatt, an rechter Schmalseite Fußleiste.

5. Roher braunroter Buntsandstein in Form einer längshalbierten Trommel, stark verwittert, darin vier teilweise tief eingespickte Schälchen von 4 cm Durchmesser und 2 bis 4 cm Tiefe.

6. Sehr gut erhaltener runder Mahlstein aus hellgelben Buntsandstein, auf der gewölbten Seite radial mit dem Steinmetzeisen bearbeitet. Rückseite roh ohne Benutzungsspuren, gefunden in dem Steinfundament des Sockels, Durchmesser 40 cm.

In der Oberflächenschicht und auf der losen Steinschüttung werden Münzen aus der Zeit des Kaisers Vesparianus (69-79), Domitianus (81-96) und Hadrianus (117-138) gefunden. Auf dem Moorboden unter der Steinschüttung eine Münze des Kaisers Marcus Aurelius (161-180).

Weiter entdeckt man Teller und Tassen des 2. und 3. Jahrhunderts, sowie Gebrauchsware, die ins 4. Jahrhundert reicht.

Das Moorheiligtum, das einer bisher unbekannten Gottheit geweiht war, wurde nach den Funden im 2. Jahrhundert errichtet und zählt zu einem bisher unbekannten Typ römerzeitlicher Heiligtümer im Rheinland. Seine Benutzung reicht wie die des Heiligtums bei Pesch weit ins 4. Jahrhundert.

Quelle:
Kersten, Ein Moorheiligtum aus römischer Zeit bei Hostel,
Bonner Jahrbuch, Bd. 145, 1940.



Anton Könen, Kapellengemeinde Hostel 2000, Seite 30-33







Vor- und frühgeschichtliche Funde in unserer Heimat
aus dem Jahresbericht des Bonner Landesmuseums für 1938





[,,,] Der bedeutendste Fund ist zweifellos die Entdeckung des

römischen Moorheiligtums bei Hostel.

In der Gemarkung Hostel, etwa einen hablen Kilometer von der Kirche in Roggendorf entfernt, sind in der Höhe der dort vorbei führenden ehemaligen Römerstraße im Gelände des vermoorten Krebsbaches bei Drainagearbeiten Suren eines römischen Bauwerks entdeckt worden, die sich bei der wissenschaftlichen Untersuchung als Reste eines Moorheiligtums aus römsicher Zeit herausstellten. Dank der verständnisvollen Unterstützung der Forschungsarbeit durch das Bürgermeisteramt Eicks und des Bauern Wolfgarten aus hostel konnte von den Funden noch manches bedeutsame Stück geborgen und dem Landesmuseum in Bonn zugeführt werden. Es waren: 1. Zwei Bruchstücke einer halblebensgroßen Statue aus rötlichem Buntsandstein, 2. Das Oberteil eines rechteckigen kleinen Altars mit Teilen einer Inschrift, 3. zwei Bruchstücke eines eben solchen Altars aus anderm Stein, 4. unteres Bruchstück eines Altars, 5. ein sog. Schalenstein, 6. ein sehr gut erhaltener runder Mahlstein, ferner Münzen aus der Zeit der Kaiser Vespasian, Domitian und Hadrian, eine Bronzescheibe, Bruchstücke aus Glasgefäßen, ein Hufeisen, zahlreiche keramische Gegenstände aus Terrasigillata und Gebrauchsware aus dem 2., 3. und 4. Jahrhundert. Es handelt sich um die Reste des kleinen Heiligtums einer unbekannten Gottheit, das wahrscheinlich überdacht war. Der Bericht stellt fest: „Der Aufmerksamkeit der örtlichen Stelle wird somit die Entdeckung eines neuen Typs römerzeitlicher Heiligtümer im Rheinland verdankt“. Die Fundstellen und mehrere Fundstücke sind dem umfangreichen Berichte im Bilde beigelegt. [...]





Quelle: Euskirchener Volksblatt Nr. 80 vom 4. April 1941





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