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Michelsberg





Geist forderte Bittfahrt zur Michaelskapelle
von Dr. Rud. Creutz
veröffentlicht 1928

Als der Gerichtsschreiber Peter Josef Gelhausen mit seiner Familie noch in St. Goar wohnte, nahm er ein Mädchen Katharina Kremb aus Ehrenfeld in seinen Dienst. Sie siedelte im Jahre 1846 nach Rheinbach über, als Gelhausen an das dortige Gericht versetzt wurde. Die Familie bezog das Haus eines Bürgers Rodenkirchen, das im Munde der Leute als nicht geheuer galt, weil es in dem zugehörigen Stall und der Scheune spuke.

Katharina Kremb hatte von diesen Gerüchten Kenntnis, auch davon, daß in dem Hofe eine schwarze Gestalt gesehen worden sei, und daß früher einmal jemand "von etwas unsichtbar Schwerem zum Erdrücken überfallen worden sei." Trotzdem ereignete sich in den ersten zwei Jahren nichts.
Erst an einem Herbstabend des Jahres 1848 kam Katharina, die im Stall die Ziegen zu melken hatte, verstört und aufgeregt ins Haus zurück und behauptete, einen Schlag ins Gesicht bekommen zu haben. Am folgenden Abend weigerte sich Katharina in den Stall zu gehen und Frau Gelhausen mußte sie mit einer Laterne begleiten. Es ging zunächst alles gut und das Melkgeschäft war beendet.

Als aber Frau Gelhausen schon in den Hof zurücktrat, schrie hinter ihr das Mädchen auf und stürzte zu Boden, wobei der Milchtopf in Scherben ging. Frau Gelhausen ergriff die Flucht und rief im Hause nach Hilfe. Man fand das Mädchen noch am Boden liegend und brachte sie mit Mühe in das Haus. Erst nachdem sie sich erholt hatte, vermochte sie zu erzählen, daß sich eine ungeheure Last auf ihre Schultern gelegt hatte, so daß sie zu Boden gesunken sei.


Am dritten Abend sollte der Hausbesitzer mit in den Stall gehen, aber vor dieser Zeit suchte Katharina den Hof auf und stellte ein Licht in die offene Hoftür. Im Dunkel sah sie die undeutliche Gestalt eines großen Mannes in langem, faltigem Gewande vor sich. Die Gestalt fragte: "Wo soll ich das hinlegen?" Katharina antwortete: "In Gottes Namen dahin, wo Ihr es hergenommen habt." Da habe die Erscheinung wiederum gesagt: "Darauf habe ich lange gewartet, nun lasse für mich noch eine heilige Messe lesen und gib den Armen drei Brote und ½ Pfund Wachs als Opfer." Nach diesen Worten verschwand die Erscheinung.

Infolge dieses Ereignisses war das Mädchen so angegriffen, daß sie zu Bett liegen maßte und unter starkem seelischen Druck stand. Darum vertraute sie sich dein Pfarrer der Stadt an, der ihr riet, zu ihrer eigenen Beruhigung das zu erfüllen, was man von ihr gewünscht habe. Sollte sich aber die Erscheinung wiederholen, so solle sie im Namen Jesu fragen, was das bedeute.

Die Erscheinung wiederholte sich in der Tat, zuerst in der Kirche, gerade in der Messe, die Katharina lesen ließ, sodann aber auch einige Tage später im Hause, als Katharina ein Zimmer zurecht machte. Bei dieser Gelegenheit habe die Erscheinung gesagt: "Mache für mich noch eine Bitt- und Wallfahrt nüchtern zur Michaelskapelle und lasse dort für mich eine Messe lesen, dann ist mir für die Ewigkeit geholfen." Katharina aber habe eingedenk des Rates des Pfarrers in Jesu Namen gefragt: "Wer seid Ihr?" Und die Antwort erhalten: "Ich bin der Urgroßvater des Rodenkirchen."

Der Pfarrer - wiederum um Rat gebeten - riet, auch diese Bitte zu erfüllen. Da aber die Michaelskapelle in Trümmern liege und keine Messe gelesen werden könne, so solle sie sich dieserhalb an die Pfarrkirche in Schönau wenden. So geschah es. An einem Dezembertage morgens uni 4 Uhr pilgerte Katharina unter Begleitung des Hausbesitzers Rodenkirchen und einiger Frauen den weiten Weg durch den Schnee über Scheuren und Mahlberg am Michaelsberge vorbei nach Schönau. In der Messe schlägt Katharina plötzlich ihr Gebetbuch zu und fällt ohnmächtig auf die Bank. Ein Schluck Wein bringt sie wieder zu sich und nachher im Pfarrhause erzählt sie, daß plötzlich zu ihrem Entsetzen eine glühende Hand über ihr Buch hingefahren sei. Man öffnete das Buch und findet das Blatt mit dem Meßgebete 'Wandlung' teilweise durchgebrannt. Auch der Pfarrer sei von großem Staunen ergriffen worden.


Seitdem hatte Katharina keine Erscheinungen mehr und ihr Wesen wurde wieder ruhig und gelassen wie früher. Aber weder sie noch der Hausbesitzer Rodenkirchen sollten sich eines längeren Lebens erfreuen.

Etwa sechs Monate nach den Ereignissen stürzte Rodenkirchen in seiner Scheuer vom Oberboden ab und starb in wenigen Stunden. Wieder ein halbes Jahr später erkrankte Katharina an heftigen Ohrenschmerzen, so daß sie tagelang zu Bett liegen mußte. In der dritten Nacht vermeinte Gelhausen, der in seinem Büro noch spät arbeitete, seinen Namen rufen zu hören. Er glaubte die Stimme der Katharina zu erkennen und in der Annahme, daß sie aus dem Hausflur oder der Küche gerufen habe, begab er sich dorthin. Aber er fand niemanden. Er ging in den Hof, um zu sehen, ob Katharina aus ihrem Kammerfenster gerufen haben könne, aber das Fenster war verschlossen. Zwei Stunden später, gegen 1 Uhr, weckte das Aushilfsmädchen die Familie Gelhausen mit der Nachricht, die Katharina mache einen sehr sonderbaren Eindruck. Man ging hin und fand sie tot in ihrem Bette liegen.

San.-Rat Dr. Rud. Creutz: Der St. Michaelsberg in der Eifel. Seine Gesamtgeschichte in sechs Bildern, Schönau 1928, Seite 84-86

Quelle: Sagen rund um den Michelsberg
Auszüge aus dem Sagenbuch <Im Dunkel der Nacht> Sagen und andere „merkwürdige“ und unheimliche Geschichten aus Bad Münstereifel und Umgebung gesammelt von Sophie Lange
VIII. Abschnitt: Der Michelsberg und der „Decke Tönnes“

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