Karmantan.de
|
|||
|
|
|
|
Rund um den
Michelsberg Nein, schön ist der Winter wirklich nicht für die Städter, die gezwungen sind, sich durch Kälte und Nässe, durch Morast und Straßenglätte durchzuarbeiten, bis zu ihrer Arbeitsstätte, oder gar für diejenigen, die ihr Beruf zwingt, dauernd unterwegs zu sein. Schön wird der Winter erst, wenn man sich einmal freimacht, hinausfährt in die schneebedeckten Höhen der Voreifel, mit der Bahn bis Münstereifel und von dort mit dem Postomnibus bis Mahlberg. Wen es dann noch in der gemütlichen Wärme des geräumigen Wagens hält, wen die strahlende Helle der Wintersonne, das tausendfältige Glitzern der Schneekristalle, das tausendfältige Weiß der schwer vor Schnee gebeugten schwarzen Tannen nicht hinauslockt, nun, dem ist nicht zu helfen. Der ist schon steinalt, auch wenn er noch jung an Jahren ist. Von Mahlberg aus sinds nur noch wenige Meter bis zu der Stelle, wo sich der Reisende am Scheidewege befindet (Bild II). Wohin nun? Etwa gerade hinauf zum Michelsberg über Wege, die fußhoch mit Schnee bedeckt sind? Das lohnt sich nur, wenn man den Schlüssel zur Kapelle hat und auf den Aussichtsturm steigen kann. Oder nach links, in Richtung des Wegweisers, der besagt, daß es nach Rheinbach 18 km seien, auf einer Straße, die ohne eine Ortschaft zu berühren, weit oben in der Schleid auf die Ahrstraße mündet? Oder in Richtung auf Schuld? Höher hinauf in die Eifelberge? Wo der Winter sich noch schöner, noch unberührter gibt als am Michelsberg, dessen sanfte Hänge mehr und mehr zum Schiparadies der wintersportbegeisterten Jugend werden? Das verspricht am meisten. Schon bald gibt die Gegend dem Entschluß recht: Rechts und links der Straße beugen sich die schlanken, ranken Tannen unter der Zentnerlast des Schnees. Rauhreif verzuckerte jedes Zweiglein. Eine einsame Hasenspur kommt von links und setzt sich rechts zum Wald hin fort. Reckerscheid mit seinen vielen sauberen Fachwerkhäusern, aus denen sich hier und da bläulicher kräuselnder Rauch himmelwärts schlängelt, grüßt voraus. Hindurch und weiter auf spiegelglatter Straße. Bald nimmt den Wanderer der Wald wieder auf, wieder beut er sich in neuer Gestalt, wie verzaubert. Die Sonne leckt am Schnee und am Rauhreif auf den Bäumen, leise fallen schwer die Tropfen in den Schnee zu ihren Füßen. Dann das wie im Winterschlaf versunkene Soller - keine Seele weit und breit zu sehen. Um die Kurve herum liegt breit und wuchtig die Geröllhalde des früheren Erzbergwerks rechts der Straße. Das weiße Tuch des Winters verdeckt alle Häßlichkeit der grauen Masse, die sommers völlig unorganisch in der üppigen Natur der Umgebung liegt, ordnet sie ein und gleicht sie an. Mitten in der Mutscheid sind wir nun. Vierzehn Dörfer umfaßt die Gemeinde, eines davon, Hummerzheim, das unscheinbare, liegt hinter uns. Nochmals umfängt uns der Wald - und plötzlich gibt eine Schneise den Blick frei auf ein Lustschlößchen, wie aus dem Märchenbuch hierhin versetzt: Gut Hospelt mit seiner uralten Kapelle (Bild III). Gegen den glasklaren, fast spröden, graublauen Winterhimmel zeichnen sich die Konturen in der schon mählich sinkenden Sonne besonders scharf ab. Die wenigen Meter Fußwegs bis vor das Imposante Bauwerk lohnen in jedem Falle der Mühe des Schneestapfens. Zurück zur Hauptstraße und über eine Bergkuppe hinab nach Odesheim, in seiner Mitte eine kleine Kapelle, der hl. Lüftildis geweiht, älter als 200 Jahre, da sie 1752 erstmals urkundlich erwähnt wird. Lustig der Hahn, mit weit gespreizten Schwanzfedern, der auf dem eisverkrusteten schmiedeeisernen Gestell über dem Dachreiterchen aller Kälte trotzt (Bild links). Und dann Serpentinen. Von ferne grüßt schon Rupperath mit seinem vierschrötigen Kirchturm, doch die wärmende Sonne versinkt hinter den Bergen des Zingsheimer Landes und die Kälte dringt durch die Kleider. Deshalb geradeaus, anstatt nach Rupperath hineinzugehen, hinab an winterlichdunkel gefärbten Tannenwäldern vorbei über eine gut gestreute, sich an den Berghang schmiedenden Straße, bis wir nach etwa einer halben Stunde die Stelle erreichen, wo die Straße links nach Schuld und rechts nach Münstereifel führt. Der Fußmarsch, wenigstens ein Stück weit, lohn sich schon, denn immer wieder neu ist der Winter schön, immer wieder neue Ausblicke und fotogene Motive bieten sich wie von selbst an - bis schließlich durch ein Filigranwerk rauhreifbedeckter Straßenbäume die letzen Strahlen der Sonne (Bild IV) auf ein sauberes Fachwerkwirtshaus, die Wasserscheide, fallen, deren Schankstube zu einem wärmenden Grog einlädt, den man wohl brauchen kann, wenn man stundenlang durch den Schnee gestapft ist und sich satt gesehen hat an einem Wintermärchen, das sich in dieser Schönheit nur alle Jahrzehnte einmal bietet dem, der sich mit weitoffenem Herzen naht und es in sich aufnehmen will als Erlebnis, das nachhallt, auch wenn der Frühling längst wieder Einzug hielt auf diesen Höhen. Bilder: Elbern Quelle: Euskirchener
Volksblatt Nr. 14 vom 17. Januar 1953 |
|||
|
|
|
|
|
|
||
|
|
||
|
|
|
|