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Das älteste Zeugnis der Lüfthildis-Verehrung in Zülpich-Hoven
Von Schw. Dr. Magdalene Frank




St. Lüfthildis, die dem kleinen Orte Lüftelberg am Südwestrande des Kottenforstes seinen Namen gab, ist eine Heilige unserer Heimat. In frommgläubigem Vertrauen haben unsere Vorfahren durch viele Jahrhunderte hindurch die hl. Jungfrau von „Berg“ verehrt und angerufen. Schon früh drang der Kultstrom von Lüftelberg hinüber in den Euskirchen-Zülpicher Raum und erbrachte uns hier das älteste heute noch überlieferte Zeugnis der Lüfthildisverehrung überhaupt.

Der Zisterziensermönch von Kloster Heisterbach im Siebengebirge berichtet in seinen bekannten Mirakelgeschichten aus dem Jahre 1222 folgendes: „Ich gedenke nun der Frau Aebtissin Gertrud von Hoven, die, wie sie mir selbst berichtete, auf wunderbare Weise durch die Erscheinung einer gewissen heiligen Jungfrau geheilt wurde. Da sie fast ein halbes Jahr lang an heftigen Augenschmerzen litt, rief sie inständig die heilige Lüfthildis, die in demselben Kloster sehr verehrt wurde, an, und hoffte durch deren Verdienste Hilfe zu erlangen. Als sie eines Morgens, fast erblindet, wachend in ihrem Bette lag, erschien ihr die genannte Jungfrau in weißglänzendem Gewande. Dies berührte ihr die Augen sowohl mit der Hand wie mit ihrem Kleide, und sofort konnte sie klar sehen, und jeder Schmerz war verschwunden“. Im folgenden Kapitel erwähnt Cäsarius, daß in der Klosterkirche ein Altar gestanden habe mit einer Statue der hl. Lüfthildis und einer solchen der hl. Jungfrau und Märtyrin Katharina.

Das älteste Zeugnis der Lüfthildisverehrung ist also in den Anfang des 13. Jahrhunderts zu setzen. Strange vertritt in seiner Cäsariusausgabe die Ansicht, daß es sich um ein rechtsrheinisches, in der Nähe von Heisterbach gelegenes Hoven handele. Ein solches ist aber weder für die heutige noch für die frühere Zeit nachweisbar. In Hoven bei Zülpich hatten sich im Jahre 1188 Zisterzienserinnen aus St. Thomas an der Kyll niedergelassen. Der Umstand, daß der Heisterbacher Mönch sich in seinem Bericht auf die Mitteilung der Aebtissin selbst beruft, mag zu der erwähnten irrigen Auffassung geführt haben. Die Zisterzienserinnen von Hoven waren seelsorglich den Mönchen von Heisterbach unterstellt. Die wiederholt auftretende Ansicht, daß Hoven ursprünglich ein Benediktinerinnenkloster gewesen sei, ist als irrig zurückzuweisen. Die erwähnte Auffassung mag dadurch entstanden sein, daß in verschiedenen schriftlichen Ueberlieferungen, welche das Hovener Kloster betreffen, die zu haltende Benediktinerregel betont wird. Es ist zu beachten, daß die Zisterzienser die Benediktinerregel übernahmen, dazu aber in der Charta charitatis ihre Verfassung festlegten.

Die Möglichkeit einer Ausstrahlung des Lüfthildiskultes in die Euskirchen-Zülpicher Gegend war entlang der alten Verkehrsstraße Bonn - Aachen von selbst gegeben. Die gemeinsame kirchliche Zugehörigkeit beider Gebiete zum Archidiakonat Bonn seit dem Jahre 1139 mag dazu noch fördernd gewesen sein. Die damalige Kultausbreitung kann als Folge einer wahrscheinlichen Elevation der Lüfthildisreliquien im 12. Jahrhundert, der Epoche einer stark bewegten Heiligenverehrung im Rheinlande, angesehen werden. Hinzu kommt als weiteres Argument, das für Hoven bei Zülpich spricht, die spätere Legendenentwicklung, die an den Bericht des Heisterbacher Mönches anknüpft und von Herm. Rehm in seinem bekannten Werk: „Das Hochland der Eifel“ wie folgt erzählt wird:

„Eine Aebtissin von Hoven war es, welcher einst die heilige Lüfthildis im Traume erschien und ihr ein Kraut zeigte, das einen schwer erkrankten Wohltäter des Klosters gesund machen würde. Und die Aebtissin erhob sich am Morgen und fand das heilende Kraut an einem Brunnen des Klosterhofes, worauf sie sich alsogleich zu dem Kranken begab und ihm den Saft des Gewächses zu kosten gab, davon er genas. Das Kraut aber sei fortan für die Heilkunde sehr wichtig geworden.“

So ist die Verehrung der hl. Lüfthildis in unserer Gegend durch die Jahrhunderte hindurchgetragen worden. Noch heute finden sich immer wieder am Festtage der Heiligen von Lüftelberg Einzelpilger und Pilgergruppen am Grabe der Heiligen ein. Die diesjährige Winteroktav in Lüftelberg dauert vom 23. bis 30. Januar. Am Hauptfesttage, dem 30. Januar, ist morgens 10 Uhr feierliches Hochamt mit Festpredigt. Nach den Gottesdiensten wird der Spindelsegen erteilt.


Quelle: Euskirchener Volksblatt Nr. 15 vom 19. Januar 1952







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