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Alendorf
Eine Eifeler „Wehrkirche“ auf Bergeshöh

Das Jahrbuch der Rheinischen Denkmalpflege, 8. Jahrgang, 1936, Heft 3, nennt in dem Aufsatze von Th. Wildeman: „Wiederherstellung alter Dorfkirchen und Kapellen“ die Kirche von Alendorf eine „Wehrkirche“. Wildeman rechtfertigt in diesem Aufsatze einleitend das Verfahren der Rheinischen Denkmalpflege, daß sie nicht einige „wertvolle Teile“ der Denkmale alter Kultur erhält, sondern ganze Arbeit macht.

Alendorf, Berndorf, Gransdorf und Mechernich wären nicht mehr die malerischen Wehrkirchen in harmonischer Komposition auf einsam beherrschender Höhe, wollte man an ihnen auch nur ein einziges Teilstück aufgeben, eingerechnet die alten Friedhofsumwehrungen in Bruchstein und den alten Baumbestand“. Aus demselben Gesichtspunkte ist die Wiederherstellung der alten Pfarrkirche in Houverath erfolgt und der Dotteler Kirche im Gange, über die wir bereits an dieser Stelle berichteten.


Die alte Pfarrkirche vor der Instandsetzung





Die Pfarrkirche in Alendorf ist der hl. Agatha geweiht, der Martyrin, Patronin des Malteser-Ritterordens und der Glockengießer, der Schutzheiligen gegen Feuersgefahr, an deren Festtag seit vielen Jahrhunderten in unserm Vaterlande in Häusern und Ställen Lichter angezündet, Kerzen und Früchte geweiht wurden, die auch in Scheven Kirchenpatronin ist und im benachbarten Elsig in besonders festlicher Weise verehrt wird. Heute, am St. Agathatage, soll ihre Kirche in Alendorf als das Werk Rheinischer Denkmalpflege gewürdigt werden.

Alendorfs Geschichte

Die Pfarre Alendorf liegt auf der Hochebene zwischen dem Quellgebiet der Ahr und der oberen Kyll, nahe der Grenze des Regierungsbezirks Trier und ist nur eine Stunde von der Kyll und der Eisenbahnstation Jünkerath entfernt. Sie besteht aus dem Pfarrdorf Alendorf und der Filiale Waldorf und hat insgesamt rund 450 Einwohner.

Der Ort Alendorf erscheint zuerst urkundlich im Jahre 1253, als die Abtei Malmedy dem Kloster Frauenkron das Patronat der „ecclesia parrochialis de Alendorph“ und der zugehörigen Kapellen übertrug. Die Siedlung muß also wesentlich älter sein. Alendorf hat, was dort aufgefundene unterirdische Bauten und Münzen beweisen (Bonner Jahrb., Heft 57), unzweifelhaft bereits zu Römerzeiten bestanden. Schon früh gehörte es den Herren von Dollendorf; im 13. Jahrh. erscheint einer der Dollendorfer Grafen als Pfarrer von Alendorf. Später kam es mit Jünkerath an Blankenheim, mit dessen Geschichte es bis zum Einfall der Franzosen (1794) verbunden blieb. Auch der Johanniterorden war früher in Alendorf begütert; der Orden erwarb im Jahre 1317 das Patronatsrecht, das er durch seinen Komtur zu Roth bei Vianden ausüben ließ.

Die älteste Pfarrkirche von Alendorf, auf die sich obige Urkunde bezieht, lag mitten im Orte und wurde um 1868 abgebrochen. Im 15. Jahrhundert entstand eine zweite Kirche „auf dem Kirchberg“ oder „auf Lind“, ein Stück Weges vom Dorfe entfernt. Noch 1858 diente die alte Kirche als Winterkirche, während in der Zeit von Ostern bis Allerheiligen der Sonntagsgottesdienst in der zweiten Kirche gehalten wurde. Im Jahre 1928 ist dann ein Neubau nach den Plänen des Diözesan-Baumeisters Renard entstanden, der heute als Pfarrkirche gilt.

Die wiederhergestellte Kirche

Die Wiederherstellungsarbeiten der Rheinischen Denkmalpflege dienen der zweiten Kirche, der heutigen Friedhofskapelle, die in hoher und freier Lage sich wirkungsvoll im Schutze hoher Buchen erhebt, die im Jahre 1827 gepflanzt wurden. „Ein typisch spätgotischer, einheitlicher Bau“, sagt Wackenroder in „Die Kunstdenkmäler des Kreises Schleiden“, dessen Zustand vor der Instandsetzung wir im Bilde wiedergeben. Ueber die Wiederherstellungsarbeiten berichtet Wildeman a. a. O.:

„Ganz im Süden des Kreises Schleiden konnte dann noch jene so herb und einsam liegende Wehrkirche von Alendorf wenigstens schon in der äußeren Substanz gerettet werden, bei der es fast so weit gekommen wäre wie in Houverath. Auch hier stieß die Finanzierung zunächst auf unüberwindlich scheinende Schwierigkeiten, so daß etwa zehn Jahre seit den ersten Bemühungen verstrichen, ehe die Wiederherstellungsarbeiten des ersten Bauabschnittes (Rohbausicherung) in Fluß kommen konnten. Es bedurfte einer Beihilfe von 2000 RM. des Staates (Ministerium der kirchlichen Angelegenheiten) und 2000 RM. der Provinz neben den Bemühungen des Kreises Schleiden und der Gemeinde, damit die gänzlich morschen Dächer - auch hier wieder in rein altdeutscher Handwerksart - neu eingeschiefert, das Mauerwerk ausgefugt und mit Weißkalk überschlämmt, der Turm repariert und die Friedhofsmauer gefestigt werden konnten. Für 1937 wird die Erneuerung des ebenfalls mit schönlinigen Netzgewölben abgeschlossenen Innenraumes erhofft, was man dem tatkräftigen Pfarrer und der Gemeinde nur wünschen kann. Denn an stimmungsvoll erhabener Eingruppierung in die karg bewachsene Kalksteinlandschaft dieses Gebietes dürfte sie von keiner Eifel- oder Hunsrückkirche übertroffen werden.“






Die Lage der alten Pfarrkirche in der Eifellandschaft (Volksblatt-Archiv)

Die drei alten Holzaltäre aus der Barockzeit mit reichem Figurenschmuck, darunter einer Statue der Pfarrpatronin, die als Bekrönung eines Seitenaltars diente, sind abgebrochen worden. Eine Altartafel vom Jahre 1468, die aus Steinfeld stammte, ein Oelgemälde aus Holz, das Wackenroder a. a. O. als „gute Kölner Arbeit“ bezeichnet, ist in das Provinzial- Museum in Münster i. W. gewandert. Dagegen besitzt die Kirche noch drei alte Glocken aus den Jahren 1444, 1515 und 1528.





Die Inschrift der mittleren nennt den Namen der Kirchenpatronin. Von diesen Glocken berichtet Johannes Becker in seiner „Geschichte der Pfarreien des Dekanates Blankenheim“:

„Berühmt ist die Kirche in Alendorf wegen ihres schönen Geläutes. Man erzählt sich, daß bis zum 16. Jahrhundert fünf Glocken dagewesen wären, die man wegen ihres schwachen Tones in drei habe umgießen lassen. Auf dem Kirchhofe habe der Glockengießer Johann von Trier den Guß vorgenommen, zu dem die Pfarrgenossen alles erreichbare Kupfer, Zinn und Silber beigesteuert hätten; insbesondere soll die Haushälterin des damaligen Pfarrers Johann von Kiell (dessen Name auf der mittleren Glocke verewigt ist. Die Schriftl.) eine ganze Schürze voll Edelmetall zum Gusse gebracht haben. In der Tat haben die jetzigen drei Glocken von Alendorf einen herrlichen Klang, und es mag richtig sein, daß der Pfarrei einstens 8000 Taler geboten wurde für ihr Geläute.“

Die Legende von dem Einschmelzen zweier Glocken wird stark erschüttert durch die Tatsache, daß auf der jetzigen Schule in Alendorf eine Glocke vom Jahre 1690, gemäß Inschrift dem hl. Petrus geweiht, und in der 1928 neu erbauten Pfarrkirche eine Wendelinus-Glocke vom Jahre 1696 hängt, die beide sehr wahrscheinlich aus der ehemaligen Pfarrkirche stammen.

Das durch die Rheinische Denkmalpflege vor dem Verfall gerettete und wiederhergestellte stimmungsvolle Gotteshaus, die alte „Wehrkirche“ von Alendorf, inmitten hoher Buchen, die unser zweites Bild im Hintergrunde zeigt, ist aber nicht die einzige Sehenswürdigkeit in der charakteristischen Eifellandschaft.

Der Kreuzweg

Unser Bild zeigt im Vordergrunde einen großen Bildstock, eine von den vierzehn Stationen, die sich von der alten Pfarrkirche zu dem etwa eine halbe Stunde entfernten Kellberge hinziehen. Auf diesem Berge ist durch den Grafen Salentin Ernst von Manderscheid-Blankenheim im Jahre 1663 eine Kapelle errichtet worden, von der heute nichts mehr vorhanden ist. Die Baurechnungen dieser Kapelle werden noch im Staatsarchiv von Koblenz aufbewahrt. Graf Salentin Ernst nimmt in der Reihe der Blankenheimer Herren eine hervorragende Stelle ein. Er trat im Jahre 1644, vierzehnjährig, die Herrschaft, zunächst unter Vormundschaft an und regierte bis zum Jahre 1694. In zwei Ehen hatte er achtzehn Kinder. Er war auch der Gründer der Jünkerather Gewerkschaft; 1687 erteilte er dem auf Ahrhütte beschäftigten Hüttenmeister Jean de l'Eau die Konzession: „ein frey Hüttenwerke auf beste manier in unserer Reichsfreyen Herrschaft Jünkerath aufzurichten.“

Alendorf lag auf dem Wege von Blankenheim nach Jünkerath. Graf Salentin Ernst soll der Sage nach zu dem Kapellenbau in Alendorf dadurch angeregt worden sein, daß ein Vorfahre von ihm, der aus Palästina zurückgekehrt war, durch den Anblick der Alendorfer Gegend auf das lebhafteste an Jerusalem und seine Umgebung erinnert worden sei, weil insbesondere die Entfernung von der Spitze des Kellberges bis zum Pfarrhause in Alendorf dieselbe war, wie vom Kalvarienberge in Jerusalem bis zum Hause des Pilatus. Er ließ dann zwischen jener Kapelle und der Pfarrkirche sieben Stationsbilder errichten, die in der Folge auf vierzehn vermehrt wurden, deren Entfernung von einander genau derjenigen entsprechen soll, welche die Stationen in Jerusalem von einander haben. Ohne Zweifel ist der Name des Berges, Kellberg, eine verstümmelte Form für den Namen Kalvarienberg, den der Berg früher als Endpunkt des Kreuzweges getragen hat. An Stelle der Kapelle erhebt sich dort jetzt ein weithin sichtbares Steinkreuz, das etwa 4 Meter hoch ist, mit einem halblebensgroßen Kruzifixus in einfacher gotisierender Art.

Wackenroder beschreibt die Stationen a. a. O. wie folgt: „Die zweite Station, recht malerisch unter hohen Bäumen am Portal des Kirchhofs, ist eine drei Meter hohe, schlanke, sich verjüngende Stele (griechischer Name für Grabsäule. Die Schriftl.), bedeckt mit breitem, rosettengeschmücktem Flechtwerk, und ist mit einem Kreuz bekrönt. Der Sockel ist mit Beschlagmuster verziert; an der Front das von einer Engelfigur gehaltene Ehewappen des Johan Arnold Grafen von Manderscheid-Gerolstein, als elterliche Wappen des Stifters, die auch an der nächsten, ähnlichen Station am Fuße des Kalvarienberges wiederkehren. Eine der Stationen enthält in flacher Nische die sehr einfache Figur der hl. Veronika mit dem Tuche in beiden Händen und eine Inschriftkartusche am Sockel, nebst der Zahl 1680.“

Der Kreuzweg ist im Jahre 1869 gelegentlich einer Mission neu eingeweiht worden und wird seitdem wieder so fleißig besucht wie ehemals, besonders am Palmsonntag und karfreitag. Wildeman sagt in dem Jahrbuch der Rheinischen Denkmalpflege über den Eindruck einer solchen Wallfahrt in dieser Umgebung: Wer hier einmal den Bittgang der größeren Schulkinder erlebt hat, die ernst und feierlich unter den alten Buchen um das Gotteshaus ziehen, der im Dorfe Verstorbenen fürbittend gedenkend, und dann den Prozessionsweg zur gegenüberliegenden Kreuzberggruppe wallfahrten, der wird dieses Erlebnis aus dem ganz verinnerlichten Volksleben wie ein hehres Bild von Richte nie vergessen können.“

*

Ueber die Restaurierungsarbeiten an der alten Pfarrkirche in Alendorf im Jahre 1937 wird uns vom dortigen Pfarramt berichtet:

Nachdem im Jahre 1936 die Kirche von außen gesichert war, wurde im Jahre 1937 mit der Restaurierung des Innern der Kirche begonnen. Hier galt es zunächst das sehr schöne und reiche Rippengewölbe zu sichern, da ein Teil der Gewölberippen, namentlich in der Chorpartie, mit Einsturz drohte und die Gewölbekappen sehr starke Beschädigungen infolge des alten morschen Daches aufwiesen.

Im Verlauf dieser Arbeiten fanden sich an den gesamten Gewölben und Wänden mittelalterliche Wandmalereireste. Damit nun hier keine baugeschichtlichen Werte vernichtet wurden, übernahm Malerkonservator Hübner - Köln auf Anordnung der Denkmalpflege die genaue Untersuchung und Freilegung eines Teiles dieser alten Malereien. Sehr feine Ornamente aus der Gotik und auch aus der Barockzeit wurden unter dem mehrfachen Kalküberstrich ans Tageslicht gebracht. Die ergänzende Bearbeitung und Ausmalung der Kirche in der alten ursprünglichen Arbeit wird einem späteren Zeitpunkt überlassen.

In der Sakristei wurde ein neuer Holzbohlenbelag angebracht. Für die zum Ganzen der Kirche mit passenden, unschönen bunten Chorplatten aus jüngster Zeit, wurde ein neuer Plattenbelag aus Natursteinen gelegt.

Der sehr häßliche Windschutzvorbau am Westportal, ebenfalls aus jüngster Zeit, wurde abgebrochen und zum Schutz des neuen Westportals eine sehr wirkungsvolle Holzsäulenvorlaube aus schwerem, nur mit der Axt behauenem Eichenholz errichtet.

Da die Kirche in Zukunft als Kriegergedächtniskapelle gelten soll, stehen auf dem Stirnbalken die eingemeißelten Worte aus einem Kriegsgedicht des Eifeldichters Ludwig Mathar:

Heldenweihe beut uns das eherne Heute aufs neue,
bis wir bei den Ahnen schlafen
wogenstill im Friedenshafen.

Die Feuchtigkeit im Innern der Kirche ist stark zurückgedrängt worden, nachdem die an der Nord- und Westseite lagernden Erdmassen beseitigt worden sind und eine Trockenmauer an der Nordseite errichtet wurde.

Bei den Außenarbeiten fans sich an der Südseite auch noch ein unter dem Mauerputz verstecktes, hübsches spätgotisches Portal mit Maßwerkornamenten. Da sich die ältesten Leute im Dorf dieses Eingangs nicht mehr erinnern, dürfte es schon Jahrhunderte unter dem Putz verborgen gewesen sein.

Auch dem Friedhof um das Gotteshaus wurde eine größere Aufmerksamkeit geschenkt. Sehr schöne Holzkreuze aus der Hand eines einheimischen Laienkünstlers fanden ihre Aufstellung, die sich dem Gesamtbild des altehrwürdigen Baudenkmals in würdiger Weise anpassen.

Welche wertvollen Stücke diese alte Kirche einst besessen, geht auch daraus hervor, daß es dem jetzigen Pfarrer gelungen ist, ein altes Altarbild vom ersten Altar dieser Kirche ausfindig zu machen. Das Bild stammt aus der Zeit von 1468 und stellt die Heiligen dar, die in der Pfarrgemeinde besondere Verehrung genießen. Es ist heute ein wertvoller Besitz des Kaiser-Friedrich-Museums in Berlin. (Die betr. Mitteilung bei Wackenroder ist demnach richtig zu stellen. Die Schriftltg.)

Als am letzten Allerseelentage erstmalig wieder in der so malerisch auf der Höhe vor dem Dorfe gelegenen Kirche Gottesdienst gehalten wurde, zeigten sich so recht die Liebe und Anhänglichkeit der Dorfbewohner ihrem altehrwürdigen Gotteshaus gegenüber.

Hoffentlich können in diesem Jahre die Restaurierungsarbeiten ganz zu Ende geführt werden, damit so ein herrliches, baugeschichtliches Denkmal der Rheinlande und besonders des Eifellandes dem Grabe der Vergessenheit und Nichtbeachtung endgültig entrissen wird.





Quelle: Euskirchener Volksblatt Nr. 30 vom 15. Februar 1938



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