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Kreuze über Alendorf
Eine alte Eifelkirche und ihr alter Kreuzweg
von J. Breuer





Fernab vom großen Weltgetriebe, hart an der Südgrenze des Kreises Schleiden und damit auch des Regierungsbezirkes Aachen, führt das kleine Eifeldörfchen Altendorf im Amtsbezirke Blankenheim ein stilles Dasein. Unverwandt bietet sich dem Wanderer, von welcher Seite er auch immer kommen mag, ein romantisches Bild, ein harmonisch in die Landschaft eingeordnetes Dörfchen, zu dem die es ringsum einschließendem kahlen Berghänge den Rahmen geben.

Dürftiges Berggras bringt der magere Kalkboden auf den Bergrücken hervor, nur tief unten in der Talsohle, dem Lampertsbach entlang, grünen saftige Wiesen. Steinige Äcker reichen hoch in die Berghänge hinein. Steine, so dicht wie gesät, decken den Boden.

Weh, wenn ein trockener Sommer den Hängen nicht Regen spendet und die glühende Sonne die Berghänge und Kuppen ringsum ausdörrt, gewähren sie doch ohnehin dem Vieh nur bescheidenes Futter. Bergan fahren die emsigen Bewohner auf die Felder auf die Felder hinaus, von allen Seiten rollt die Ernte in die Scheunen.

Symbol des Hirten und der Herde

Harmonisch, wie das Dörfchen selbst, paßt sich auch die alte Pfarrkirche in die Landschaft ein. Schon äußerlich offenbart sie das Symbol des Hirten und der Herde, liegt sie doch etwa fünf Minuten gegen Norden von dem dörflich geschlossenen Häuserblock entfernt, und dazu noch auf einer ansehnlichen Erhöhung, dem Vorsprunge und Ausläufer einer Hügelkette, die bei Alendorf endigt.

Die Lage dieser alten Kirche ist dadurch wohl eine sehr schöne, aber auch eine sehr unbequeme und den Stürmen ausgesetzte, weshalb der damalige Pfarrer Klink sie 1827 mit einer Reihe schützender Buchen umgeben ließ, die heute eine schützes Dach rings um die Kirche darstellen.

Wann sie gebaut worden ist, ist nicht bekannt. Der Stil spricht für den Anfang des 17. Jahrhunderts. Man wird daher nicht fehlgehen, wenn man den Grafen Salentin Ernst von Manderscheid-Blankenheim, der von 1644 bis 1694 lebte, als Erbauer annimmt, stammt doch von ihm mit Sicherheit der herrliche Kreuzweg, der an dieser alten Kirche beginnt und auf dem Kalvarienberge endigt. Von ihm soll noch weiter unten die Rede sein.

Unter Denkmalschutz

Die Kirche ist einschiffig, klein und schmal, in gotischen Formen erbaut. Interessant sind die aus den Wänden hervortretenden Gurtträger, die merkwürdig verzerrte Gestalten darstellen. Heute steht diese alte Kirche, nachdem sie in den Vorkriegsjahren, dank der Unterstützung durch die rheinische Denkmalpflege, neu bedacht und renoviert wurde.

Herrliche Decken- und Wandgemälde aus der Zeit um 1600 brachten die Restaurierungsarbeiten im Innern der Kirche zum Vorschein, als der jahrhundertealte Verputz vorsichtig von den Wänden abgeblättert wurde, Starke Parallelen zeigen sich hier zu den alten Gemälden der Steinfelder Klosterkirche, unter deren Schirmherrschaft die Pfarrei Alendorf lange Jahre gestanden hat. So wies die alte Pfarrkirche in einer Altartafel das älteste Bild des Seligen Hermann-Josef auf.

Eine neue Kirche erstand

In den Nachkriegsjahren des ersten Weltkrieges wurde die alte Pfarrkirche durch eine neu, im Dorf gelegene, ersetzt, so daß die alte Pfarrkirche heute nur noch wenig benutzt wird. Immer noch aber beherbergt sie die Glocken, die zum Gottesdienste rufen, von denen leider die größte dem Kriege zum Opfer gefallen ist. Mit den ehemals drei Glocken besaß Alendorf ein Geläute, das weit und breit seinesgleichen suchte.





Die alte Altendorfer Pfarrkirche in ihrem ursprünglichen Zustand (Zeichnung: Curtius Schulten)





Man erzählt, daß bis zum 16. Jahrhundert fünf Glocken dagewesen seien, die man wegen ihres schwachen Tones in drei habe umgießen lassen. Auf dem Kirchhofe habe der Glockengießer Johann von Trier den Guß vorgenommen, zu dem die Pfarrangehörigen alles erreichbare Kupfer, Zinn und Silber beigesteuert hätten. Insbesondere soll die Haushälterin des damaligen Pfarrers Johann van Kiell eine ganze Schürze voll Edelmetall zum Gusse gebracht haben. Wahr ist jedoch, daß die drei Glocken eine herrlichen Klang hatten, und es mag richtig sein, daß der Pfarrei einstens 8000 Taler für das Geläute geboten wurde.

Der berühmte Kalvarienberg

Berühmt ist die Pfarrei Alendorf durch ihren Kreuzweg, der von der alten Pfarrkirche bis auf den etwa eine halbe Stunde entfernten Kellberg - ohne Zweifel eine verstümmelte Form für Kalvarienberg - hinführt.

Vor vielen hundert Jahren soll ein aus Palästina zurückgekehrte Graf von Blankenheim, er hatte offenbar an einem Kreuzzuge teilgenommen, eine Kapelle auf dem Kalvarienberge habe bauen lassen, weil der Anblick der dortigen Gegend ihn auf das lebhafteste an Jerusalem und dessen Umgebung erinnerte. Insbesondere aber darum, weil die Entfernung von der Spitze des Berges bis zum Pfarrhause in Alendorf, genauer, bis zur ehemaligen Mühle an der Ostseite des Ortes, dieselbe war, wie vom Kalvarienberg in Jerusalem bis zum Hause des Pilatus.

Später, auf dem Sockel der letzten Station steht 1679, ließ Salentin Ernst von Manderscheid-Blankenheim zwischen jener Kapelle und der alten Pfarrkirche sieben Stationsbilder errichten, die in der Folge auf vierzehn vermehrt wurden. Die Entfernungen dieser Stationen, die heute noch stehen, wie ehedem errichtet, sollen genau den Entfernungen entsprechen, die die Stationen in Jerusalem voneinander haben.

Jede Station hat die Gestalt eines Kreuzes, dessen kräftiger Fuß das Blankenheimer Wappen trägt, während der erbreiterte Kreuzbalken einer Tafel gleicht, die ein Reliefbild mit einer Szene aus dem bitteren Leiden zeigt. Leider ist infolge Witterungsschäden, aber auch infolge mutwilliger Vernichtung in Zeiten, da man glaubte, andere Dinge seien wichtiger, kaum noch eine Station gänzlich erhalten, wie aber auch andererseits, dank weiser und kluger Bewachung, keine Station völlig zerstört ist.

Die Kreuzwegkapelle zerfiel

Die ehemalige Kapelle auf dem Kalvarienberge ist leider zerfallen. An ihrer Stelle steht ein großes, weithin sichtbares Kreuz mit einem kunstvoll gemeißelten Christusbilde. Bei Gelegenheit der Mission 1869 wurde der Kreuzweg von neuem von den Franziskaner-Missionaren eingeweiht.

Seitdem wird der Kreuzweg wieder fleißig besucht. In der Karwoche zeiht allabendlich in der Dämmerung eine lange Prozession den Kalvarienberg hinauf, die am Karfreitag noch von vielen Fremden aus nah und fern verstärkt wird. Es ist ein ergreifendes Bild, wenn diese große Menschenmenge, hoch droben um das Kreuz versammelt, die Sterbestunde Christi feiert.

Aber auch sonst wird der Kreuzweg, besonders in den Sommermonaten, von vielen Besuchern aufgesucht. Fromme Kinderhände schmücken die Stationen mit den erlesensten Blumen aus Feld und Wald. Betende Menschen ziehen an Sonntagnachmittagen den Kreuzweg hinauf, und nur Gott weiß, welche Lasten und Sorgen im Laufe der Jahrhunderte schon zum Gekreuzigten auf steiler Höh' hinaufgetragen worden sind.

Und wenn die Sonne, wandermüde, hinter den Bergen untertaucht, und das Dorf drunten im Abendschatten liegt, dann tauchen die letzten Sonnenstrahlen das altehrwürdige Kreuz auf dem Kalvarienberge in ein Meer von feurigem Gold. Hoch über den Häusern wacht und schützt das Kreuzeszeichen das stille, kleine Dörfchen Alendorf.





Aus: Unsere Heimat, 2. Jahrgang Nr. 4, Eifel, 1950, Seite 29 und 30, Beilage zum Euskirchener Volksblatt, Kreisarchiv Euskirchen





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