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Kornelius-Heiligtümer in der Eifel und in der Bretagne
Lebendige Ueberlieferung von keltischer Zeit bis in die Gegenwart




Die Korneli-Oktav zu Kornelimünster lenkt alljährlich die Blicke auf dieses alte Heiligtum am Nordrande der Eifel und der Ardennen. Aber nach wie vor bleibt die ältere vorrömische Geschichte Kornelimünsters in ein undurchdringliches Dunkel gehüllt, ebenso wie die ganz frühe Geschichte des anderen alten Kornelius-Heiligtums an der Küste der Bretagne in Carnac, dessen wohl 4000 Jahre alten riesigen Steinalleen noch größere Rätsel bergen. Dort gibt es eine Legende, die - die Jahrtausende zusammenziehend - davon erzählt, wie der heilige Papst Cornelius, von heidnischen Soldaten aus Rom vertrieben, vor diesen durch die Lande flüchtete, bis er in der Bretagne das Meer vor sich sah, und sich nun umwendend die Soldaten in Steine verwandelte.


Die Großstein-Reihungen von Menec / Bretagne

Beide Kornelius-Heiligtümer liegen im altkeltischen Siedlungsgebiet, vielleicht sogar im Siedlungsgebiet einer Urbevölkerung, die älter als die Kelten und über Frankreich, Irland, Südengland, Belgien, West- und Süddeutschland ausgebreitet war. So sehr die Keltenforschung auch erst in ihren Anfängen steht, hat sie doch schon deutlich gemacht, daß die Kelten aus der Erbmasse Europas ebenso wenig fortzudenken sind wie die Griechen, die Römer und die Germanen. Irisch-keltische Mönche, zu denen sicher auch St. Foillan zu zählen ist, waren es, die das Christentum zum Festland zurückbrachten, als die ersten christlichen Gemeinden in den Römerstädten von der germanischen Völkerwanderung überspült waren. Sie waren es auch, die das Christentum zu der auf der „Heide“ wohnenden Landbevölkerung brachten, die damals noch keltisch gesprochen haben muß, so daß die irisch-keltischen Mönche in ihrer Muttersprache predigen konnten.

Von Kornelimünster weiß man, wann aus der Benediktinerabtei an der Inde das Kornelius-Heiligtum wurde. Das war zur Zeit des Kaisers Lothar im 11. Jahrhundert, der das Haupt des heiligen Kornelius aus Rom mitgebracht hatte. In Carnac habe ich leider nicht feststellen können, seit wann das dortige Kornelius-Patrozinium besteht und auf welchem Wege Kornelius-Reliquien nach dort gekommen sind. Aber wie in Kornelimünster das Korneliuswasser getrunken wird, gib es auch in Carnac eine Korneliusquelle, die zur Barockzeit prächtig ausgestaltet wurde. Aehnliche Quellen sind überall an der bretonischen Küste zu finden, und einmal im Jahr zieht noch heute dort in jedem Dorfe eine Prozession von der Kirche zur Quelle, an der ein Baum verbrannt wird. Ganz deutlich wird auch in Carnac die Verehrung des heiligen Kornelius als des Schutzpatrons der Rinder, wie auch das Korneliushorn in Kornelimünster eine besondere Rolle spielt.


Die Korneliuskirche in Carnac in der Bretagne

Hier können sich Blicke in keltische Vorgeschichte eröffnen. Man weiß, daß den Kelten der Stier als das Symbol der Kraft, des Kampfes, kurzweg des männlichen Elementes galt. Damals lebten ja noch die mächtigen Wisente und Auerochsen auf freier Wildbahn von der Bretagne bis in Rheinland und darüber hinaus bis nach Osteuropa. Die Keltenausstellung in Schaffhausen zeigt, wie zahlreich im religiösen Kult der Kelten die Stierbildnisse waren und wie nachhaltig auch das Fortleben dieses Symbols in gallo-römischer Zeit war. Könnte das nicht der Ariadnefaden sein, der auch in Kornelimünster den Zugang in die keltische Zeit abgäbe?

Vielleicht macht sich einmal ein Geschichtsfreund die Mühe, die Geschichte des Kornelius-Patroziniums in Carnac an der bretonischen Küste näher zu untersuchen. Denn Carnac dürfte der Ort sein, wo Näheres darüber zu erkunden wäre, wie sich die christlichen mit den keltischen und vorkeltischen Jahrhunderten treffen. Denn hier an der bretonischen Küste reichen die stummen Zeugen der Geschichte mit den riesigen Steinalleen um mindestens 4000 Jahre zurück. Einige vermuten, daß diese Großsteinsetzungen nach Aegypten weisen, wo es ebenfalls ein Karnak gibt, das einst als Theben die Hauptstadt Aegyptens unter Thutmosis (16. Jh. v. Chr.) war, als sich Aegypten bis zum Euphrat ausdehnte. Man kennt die heiligen Stier der Aegypter, der die Sonnenscheibe zwischen den Hörnern trug, das „Goldene Kalb“, in dessen Verehrung die Juden zurückfielen, als Moses auf dem Berg Sinai weilte. Aber auch auf keltischen Helmen befindet sich oft zwischen den beiden Stierhörnern das Radsymbol des Lichtgottes, jene Spirale, die als Ziermotiv über die frühchristliche Kunst der Kelten bis ins Mittelalter vor allem inder Buchmalerei fortlebte.

In den Rheinlanden wurden Kornelius, Antonius, Hubertus und Quirinus als die sogenannten heiligen vier Marschälle verehrt. Auch für Kornelimünster ist diese Verbindung von Kornelius mit den drei anderen Heiligen bezeugt. Unter Marschällen darf man sich allerdings keine Heerführer vorstellen, sondern man muß das Wort in seinen alten Sinn als Tierpfleger nehmen. Wie Wilhelm Felten 1920 in den Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein feststellte, muß dieser fromme Kult in ländlichen Gegenden entstanden sein. Dabei verweist Felten auf die Beziehung des Heiligen Kornelius zum Hornvieh, auf die Beziehung des heiligen Antonius zu den Schweinen, des heiligen Hubertus zur Jagd und des heiligen Quirinus zu den Pferden.

Die Keltenforschung kennt in der Tat nicht nur das Stiersymbol, sie kennt auch Bronzeplastiken mit einer personifizierten Ebergottheit, Plasitken einer hirschgestaltigen Gottheit und Plastiken einer pferdegestaltigen Gottheit. Uralte keltische Vorstellungen könnten also in den christlichen Kulten weiterleben, in denen das, was zur keltisch-heidnischen Zeit als Gottheit verehrt wurde, nun zum Diener des einen wahren Gottes der christlichen Offenbarung wurde.

Doch wenn das Eifeler Volk in den Tagen der Korneli-Oktav den großen Heiligen und Märtyrer anfleht, sein Fürsprecher in allen seinen großen und kleinen Anliegen bei Gott zu sein, dann liegt etwas Erhabenes in dem Gedanken, daß hier lebendige Ueberlieferungen mitspielen, die in keltische und vielleicht sogar vorkeltische Zeit zurückgreifen und zugleich einen Bogen gemeinsamen Volkstums von der Bretagne bis zur Eifel schlagen.

Josef Hofmann.


Quelle: Dürener Zeitung 50er Jahre
Artikelsammlung Nachlaß Pfarrer Andreas Pohl, Sammlung Marliese Wintz / Elisabeth Schumacher







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