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Die Funde in der Bonner Münsterkrypta in ihrer Beziehung zur Eifel
Johannes Hinsenkamp, Dechant und Oberpfarrer, Bonn





Die Verkettung Bonns mit dem Hinterlande der Eifel tut sich in vergangener Zeit in Vielem kund. Römische Wasserleitung zieht aus den Tiefen der Eifel in Köln und Bonn an den Rhein. Mannigfache Wege führen über Kottenforst und Vorgebirge in die Eifeler Gaue. Der Kalksinter der Wasserleitung in der Eifel hat dem Bonner Münster manch schöne Säule und zu bedeutendem Begräbnis am Münster den kostbaren Sarg geliefert. Vom Cassiusstift erstreckte sich über große Teile des Eifellandes der starke Arm des Archidiakons, und geistliche Gerichtsbarkeit griff über das Eifeler Land bis an die Grenzen von Luxemburg und Belgien. In einer langen Reihe von Schweinslederbänden ruhen die Protokolle dieser Rechtsprechung noch heute im Münsterarchiv zu Bonn. In Pflege alter Verbundenheit zieht alljährlich der Bonner Münsterchor zu Hochamt und Gesang des Patroziniumstages auf den weithin alles beherrschenden Michelsberg in der Eifel.

Wie eine neue Verkettung zwischen Eifel und Bonn mutet es an, wenn zu den bisher aus Eifeler Funden bekannten Matronenheiligtümern - besonders aus Nettersheim und Pesch - aus dem Dunkel des Kryptabodens am Bonner Münster plötzlich eine ganze Fülle Aufanischer Weihealtäre nach fast 2000-jährigem Schlafe an das Licht des Tages gebracht wird. Aufanisch als unterscheidendes Beiwort in Bonn und auch an verschiedenen Altären der Eifel. Mag es nun, wie die andern Beiwörter der Matronenaltäre, eine kelto-germanische Ortsbezeichnung sein oder die Zugehörigkeit zu einem Gutshof oder einer Sippe bedeuten, es bringt den Bonner heidnischen Tempel in eine enge Beziehung zur Eifel. Und wenn die großen Kopfhauben der beiden äußeren der jedesmal drei Figuren auf den Altären vielleicht die Kopftracht der damaligen weiblichen Landbevölkerung darstellt, so wird auch dadurch das römische Bonn mit der Eifel durch die Einheit dieser Tracht in direkten Zusammenhang gebracht.

Außer den Heiligtümern wurden auch drei Fußböden bloßgelegt, übereinander gelagert, deutlich erkennbar und den verschiedenen Perioden fränkischer und frühkarolingischer Zeit angehörig, unterbrochen alle durch frühere oder spätere Bestattungen.

Wer mag wohl über diese Böden der alten Kirche geschritten sein? Sicherlich auch die Bewohner aus allen Teilen der Eifel, wenn sie zu den hl. Stätten der Verehrung von Cassius und Florentius pilgerten, die nun durch die eigenartige Orientierung der alten neu aufgedeckten Kirche von neuem in den Mittelpunkt des archäologischen und geschichtlichen Interesses gerückt sind.

Wenn die Erde aus ihrem Schoße solche Reichtümer hervorgibt, an denen niemand retouchieren konnte, dann bricht aus Inschrift und Form und Stoff plötzlich eine ganze Fülle neuer Erkenntnisse, neuer Verkettungen, neuer Probleme hervor, die bis dahin schlummerten, während gleichzeitig alte Theorien ins Grab sinken.

So ist hier auf engstem Raume die Geschichtsperiode von Christus bis 1000 zusammengepreßt und spricht aus der lapidaren Form heiligen Gerätes eine z. T. sehr deutliche Sprache, die darüber hinschreitet in schräger Überschneidung der anders orientierte Bau des heutigen Münsters, selber auch alt und ehrwürdig, um über der Erde die Formen von 1000 bis heute im Wandel der Jahrhunderte wie an einem Muster- und Schulbeispiele zu offenbaren. Auch er ist heute noch, wie damals vor nicht mehr als 1000 Jahren sein unterirdisch aufgedeckter Vorläufer, das oft aufgesuchte Ziel und Heiligtum der Bewohner des Eifeler Landes, wenn sie neuerdings in Eisenbahn und modernem Verkehrsauto den Rhein und das liebe Bonn, die freundliche Musenstadt, besuchen.

Aus: Eifelvereinsblatt, 30. Jahrgang, Nr. 1, Januar 1929, Selbstverlag des Eifelvereins, Schriftleitung Rektor Zender in Bonn Münsterschule





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